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Neues Buch

Hazel Rosenstrauch Gelber Stern und rote Windeln
Nachdrucke
Diesterweg Edition isbn 978-3-927002-14-2
Die Sammlung entstand, als ich gebeten wurde, im Kontext Erinnerungskultur aus den Briefen meiner Mutter und ihrer Eltern zu lesen. Die Büchse einmal geöffnet, purzelten – nein, nicht Erinnerungen, sondern Texte heraus, die mit meiner jüdisch-kommunistischen oder kommunistisch-jüdischen Herkunft zu tun haben. In den USA gibt es den hübschen Ausdruck „red diaper babies“ für die Kinder von Kommunisten; im Deutschen hat sich kein Äquivalent entwickelt – im westlichen Deutschland gab es sie kaum, in der DDR und Österreich hätte ein so liebevolles Wort nicht gepasst – es war ja vor allem Sprösslinge von Remigranten und potenziellen Russenfreunden. Ich habe bei Wikipedia nachgeschaut und einen Artikel über diese Spezies auf Englisch gefunden, als ich prüfen wollte, ob es das auch in anderen Sprachen gibt, stellte ich fest, es gibt ihn – aber nur auf türkisch und indonesisch.
Achtzig ist ein gutes Alter, um aufzuräumen. Da der Wind nun in eine andere Richtung weht als in meiner Jugend, schaue ich – teils mittels alter, teils mit neuen Texten – auf Nachkriegszeit, auf die sogenannten „68er“-Jahre, auf Kommunisten, Juden und die „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland und Österreich. Bei allem Bemühen um Sachlichkeit ist mein Blick von der Herkunft aus der Familie jüdisch-kommunistischer Remigranten geprägt. „Red diaper baby“, in roten Windeln geboren, mit dem gelben Stern im Hintergrund, ist die Auswahl von dem Bemühen geprägt, der wenig gewürdigten Spezies linker Juden mehr Platz in der Erinnerung zu verschaffen. Den Anstoß zu diesem low budget-Projekt gaben die Briefe meiner Großeltern, die vergeblich versucht hatten, sich vor Hitler, SS, Gestapo und Nachbarn zu retten.